Japaner und Deutsche – Warum kommt es oft zu Missverständnissen?
- Rumi Hasegawa
- 13. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 6 Tagen
Die Grundlagen zwischenmenschlicher Beziehungen und was sie über die japanisch-deutsche Kommunikation verraten
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum die interkulturelle Zusammenarbeit zwischen Japan und Deutschland manchmal nicht reibungslos funktioniert – trotz Bemühungen um Vertrauen, respektvolle Kommunikation und interkulturelle Kompetenz?
Gerade zwischen Japanern und Deutschen treten in puncto Vertrauensaufbau, Arbeitsverständnis und Kommunikationsstil grundlegende kulturelle Unterschiede auf. Oft führen gutgemeinte Absichten auf der einen Seite zu gegenteiligen Reaktionen auf der Anderen.
In diesem Beitrag beleuchte ich vier zentrale Aspekte, die helfen, häufige Missverständnisse zwischen Japan und Deutschland besser zu verstehen.

1. Aufbau zwischenmenschlicher Beziehungen: Eine andere Grundlage für Vertrauen
In Japan basiert Vertrauen auf persönlicher Beziehungspflege über längere Zeit hinweg. Informelle Treffen gelten auch als wichtig, um den „Menschen hinter der Funktion“ kennenzulernen. In Deutschland hingegen liegt der Fokus auf Fähigkeiten: Qualifikationen, Fachkenntnisse und die berufliche Kompetenz bilden die Basis für Vertrauen. Private Kontakte außerhalb des Arbeitskontextes sind kein Muss.
2. Definition von Arbeit: Unterschiedliche Sichtweisen auf Zeit und Verantwortung
In Japan bedeutet Arbeit weit mehr als nur das Erledigen einer Aufgabe – sie ist eng mit persönlicher Verantwortung und Pflichtbewusstsein verbunden. Wer eine Aufgabe übernimmt, fühlt sich oft dafür zuständig, sie bis zum Ende gewissenhaft auszuführen, selbst wenn es über die offizielle Arbeitszeit hinausgeht. Urlaub oder Freizeit wirklich zu genießen, fällt vielen schwer, da das Abschalten vom Arbeitsalltag nicht selbstverständlich ist.
Auch die Grenzen zwischen individueller Arbeit und Teamverantwortung sind oft fließend – man identifiziert sich stark mit dem Unternehmen oder der Abteilung. Arbeit nimmt eine dominante Rolle im Leben ein, unabhängig davon, ob man das bewusst so gewählt hat. Besonders junge Menschen suchen in ihrer Arbeit nicht nur Sicherheit, sondern auch Selbstverwirklichung und persönliche Weiterentwicklung.
In Deutschland hingegen ist Arbeit meist klar abgegrenzt. Was zur eigenen Tätigkeit gehört, ist durch den Arbeitsvertrag und die Position definiert – Verantwortlichkeiten und Aufgabenbereiche sind strukturiert und überschaubar. Die Arbeit findet im Rahmen festgelegter Arbeitszeiten statt; Überstunden sind eher die Ausnahme als die Regel.
Deutsche Arbeitnehmer*innen legen großen Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance. Der gesetzlich geregelte Urlaub wird aktiv genutzt, oft für Reisen oder persönliche Projekte. Die Selbstverwirklichung wird eher im Privatleben gesucht – durch Hobbys, Ehrenamt oder Familie. Arbeit ist wichtig, aber nicht alles.
3. High Context vs. Low Context: Kulturelle Unterschiede im Ausdruck
Ein zentraler Unterschied zwischen der japanischen und der deutschen Kommunikation liegt im Umgang mit Kontext.
Die japanische Sprache und Kultur gelten als „High-Context“: Vieles wird nicht wörtlich gesagt, sondern durch Körpersprache, Tonfall, Beziehungskonstellationen oder gemeinsame Vorerfahrungen vermittelt.
Im Gegensatz dazu steht die deutsche Kommunikation als typisches Beispiel für ein „Low-Context“-System: Aussagen sollen klar, direkt und möglichst eindeutig formuliert sein. Implizite Botschaften, subtile Andeutungen oder indirekte Kritik können leicht überhört oder missverstanden werden. Wer in einem deutschen Kontext auf zwischen den Zeilen schwingende Hinweise setzt, läuft Gefahr, nicht verstanden oder als unklar wahrgenommen zu werden.
Diese Unterschiede wirken sich nicht nur auf Sprache, sondern auch auf Erwartungen, Beziehungen und Entscheidungsfindung aus – gerade in interkulturellen Teams kann dies zu Aha-Erlebnissen, aber auch zu Reibungen führen.
4. Was bedeutet ein Meeting? Vorbereitung vs. Spontaneität
Meetings erfüllen in unterschiedlichen Kulturen ganz unterschiedliche Funktionen.
In Japan dienen Besprechungen häufig dazu, formell zu bestätigen, was zuvor bereits informell abgestimmt wurde. Entscheidungen werden in der Regel im Vorfeld sorgfältig vorbereitet, oft im kleinen Kreis und in bilateralen Gesprächen. Das eigentliche Meeting stellt eher den letzten, offiziellen Schritt dar – ein Raum für Konsens, nicht für Debatte. Überraschende Vorschläge oder spontane Einwände – insbesondere in Anwesenheit höherrangiger Personen –sind ungern gesehen. Alle relevanten Stakeholder sollten vorab umfassend über die wichtigsten Informationen informiert werden.
In Deutschland hingegen versteht man Meetings oft als Plattform für offenen Austausch. Neue Ideen, kritisches Hinterfragen und kontroverse Diskussionen sind ausdrücklich erwünscht – sie gelten als Zeichen von Engagement und Teamgeist. Eine gewisse Spontaneität ist nicht nur erlaubt, sondern wird oft sogar erwartet.
Solche Unterschiede im Meeting-Verständnis können zu Missverständnissen führen – oder aber, bei bewusster Gestaltung, zu einer produktiven Ergänzung verschiedener Arbeitsstile.
Kulturelles Verständnis – der Schlüssel zu erfolgreicher Zusammenarbeit
Wer sich derartiger Unterschiede bewusst ist und den Kommunikationsstil an das Gegenüber anpasst, kann Vertrauen aufbauen und Zusammenarbeit nachhaltig verbessern.
Im internationalen Geschäft ist gegenseitiges Verständnis ein entscheidender Erfolgsfaktor für Projekte und langfristige Kooperationen.
Mit gezieltem interkulturellem Coaching können Unternehmen und Teams diese Unterschiede besser verstehen und Missverständnisse in der deutsch-japanischen Zusammenarbeit vermeiden.
Meine Interkullturelle Trainigs bieten Praxis erprobte Programme, die genau diese kulturellen Aspekte in den Fokus stellen.


